Freitag, 29. Juni 2012

Macao

Macao (Stefan Feld, alea, 2009) gabs Mitte Dezember 2011 bei milanspiele für unschlagbare 17-Euro-nochwas. Da hab ich gleich zwei Mal zugeschlagen, ein Exemplar für mich, und eines für meinen Spielenachbarn Jörg. Und dann... Dann stand es wie so oft erst einmal im Schrank. Sah echt super dort aus, doch blieb ungespielt. Bis zu diesem Monat, indem ich es nun gleich drei Mal auf den Tisch bekommen habe (jeweils in Zweier-Besetzung). Manchmal kauft man Spiele eben nicht, um sie sofort zu nutzen, sondern um sie später irgendwann mal nutzen zu können. Und genauso funktioniert auch das Spielprinzip von Macao.

Der Hauptkniff von Macao liegt nämlich in der Vorbereitung zukünftiger Züge. Für quasi alles braucht man Aktionssteine, und die gibt es in 6 unterschiedlichen Farben. Einmal pro Runde wird gewürfelt - je ein Würfel für jede Aktionssteinfarbe. Jeder Spieler sucht sich zwei Würfel aus, und erhält eine der Würfelzahl entsprechende Anzahl von Aktionssteinen in der jeweiligen Farbe. Diese darf er aber nicht sofort benutzen, das wäre ja viel zu einfach. Stattdessen legt er sie zunächst an seine "Windrose", und zwar dort an die Seite, auf der die eben gewählte Würfelzahl aufgedruckt ist. Die Windrose hat also 6 Seiten? Nö, es sind 7! Die siebte Seite zeigt einen Pfeil (zwischen der 6 und der 1). Nach der Verteilung der Aktionssteine wird die Windrose dann nämlich um eine siebtel Umdrehung gedreht, und tadaaa: Auf einmal zeigt der Pfeil nicht mehr ins Leere, sondern auf die Aktionssteine, die eben noch neben der Seite mit der 1 lagen. Zumindest hoffen wir das. Sollte der Pfeil nämlich tatsächlich mal auch nach der Drehung noch ins Leere zeigen (weil der Spieler dort zuvor keine keine Steine platziert hat), so ist derjenige Spieler in dieser Runde fast komplett zum Zuschauen verdammt und bekommt obendrauf noch ein paar Minuspunkte. Naja, davon wollen wir aber jetzt mal nicht ausgehen. Also angenommen, der Pfeil zeigt nun auf Steine. So, und genau diese Aktionssteine darf man jetzt in seinem Zug benutzen, und zwar NUR diese, denn Aktionssteine für spätere Züge aufheben: is nich! Das alles bedeutet also: Je mehr Steine ich mir nehme, umso später kann ich sie dann tatsächlich erst benutzen. Auch die Steine, die man an der 6 ablegt, werden irgendwann den Pfeil erreichen, aber bis dahin ist das Spiel - mit einer festgelegten Dauer von 12 Runden - dann auch schon halb vorbei.


Was macht man nun mit den Steinen? Nun, mit den Steinen kann man zum Beispiel Stadtbezirke in Besitz nehmen (was einem Waren und ein paar Prestigepunkte am Spielende bringt), mit dem Schiff in die alte Welt schippern (um die Waren zu verkaufen, was einem ebenfalls ein paar Prestigepunkte bringt), oder auf der Stadtmauer vorankommen (wer dort vorne liegt, wird Startspieler... wie in eigentlich allen Spielen von Stefan Feld.).

Achja, und dann gibt es da noch diese Aktionskarten. Davon nimmt man in jeder Runde eine weitere dazu und legt diese erstmal auf dem eigenen Tableau ab. Damit man die Karte dann aber auch benutzen kann, muss man sie erst einmal aktivieren, und dafür braucht man? Richtig: Aktionssteine. Und hierbei gilt: Je doller die Aktionskarte, umso schwieriger ist es, sie auch zu aktivieren. Eine Karte kostet 2 graue Steine? Pffft, Kinderkram! Aber ne Karte mit 1 roten, 1 schwarzen, 1 blauen und 1 grünen Stein? Das ist schon ziemlich Hardcore und bedarf langer Planung, schließlich muss man die Steine ja irgendwie alle im selben Zug bekommen... Und Karten zu aktivieren tut Not, denn hat irgendein armer Tropf zu viele nicht aktivierte Aktionskarten (mehr als 5) auf seinem Tableau gesammelt, dann hagelt es - ihr hab richtig geraten - schon wieder Minuspunkte (auch das ist übrigens für Feld wohl typisch... also das mit den Minuspunkten...). Und als sei das noch nicht schlimm genug, gibt es am Spielende nochmal zusätzlich Minuspunkte für JEDE nicht aktivierte Karte! Doppelt fies, Herr Feld! Aus diesem Grund greift man in seiner Verzweiflung dann auch oft zu Karten, die einem nicht unbedingt was bringen, von denen man aber glaubt, dass man sie zeitnah aktivieren kann.

Hat man die Karten dann aber tatsächlich irgendwie aktiviert, darf man sie normalerweise einmal pro Zug benutzen. Zum Beispiel um weitere Aktionssteine in Gold zu tauschen, welches man dann wiederum in Prestigepunkte tauschen kann, oder um Gratissteine zu kriegen, oder um Steine gegen andere Farben tauschen zu können, oder um Waren teurer verkaufen zu können... oder oder oder... Die Vielfalt der möglichen Boni ist immens, und in dieser Vielfalt liegt auch einer der Haupt-Wiederspielreize von Macao. Der Aktionskartenstapel ist nämlich derart prall, dass in einer Partie längst nicht alle Karten zum Einsatz kommen (was manchen Planer vermutlich stören könnte... gezielt auf eine bestimmte Karte hinzuspielen ist dadurch nämlich unmöglich).

Macao verlangt den Spielern einiges an Gehirnschmalz ab. Aber das wir nicht zum Spaß hier sind, lassen uns ja schon die beiden bierernst dreinguckenden Portugiesen auf der Spielschachtel erahnen. Das Spiel richtet sich eindeutig an Spieler, die mit der bloßen Vorausplanung von nur 1 oder 2 Spielzügen weit unterfordert wären. Stattdessen bauen sich komplexe Züge über das ganze Spiel hinweg auf. In einer meiner bisherigen Partien habe ich zum Beispiel mein Schiff das ganze Spiel über kaum bewegt, aber immer wieder fleißig Waren in den Stadtbezirken eingesammelt, um diese dann doch im allerletzten - von langer Hand vorbereiteten - Spielzug unter Einsatz von über 20 Aktionssteinen zu verschiffen, und natürlich hat mir am Ende doch genau ein einziger Aktionsstein gefehlt, um auch die letzte Ware an den Mann zu bringen. Trotz aller Planerei kann einem aber auch Fortuna einen Strich durch die Rechnung machen, nämlich dann, wenn es trotz der besten Vorbereitung einfach nicht gelingen will, die richtigen Farbkominationen für die Aktivierung wichtiger Aktionskarten zusammenzubringen. Nunja, mit dem Risiko müssen alle Leben, und man hätte ja auch eine einfacher zu erfüllende Karte wählen können.

Macao wird, wie das bei "Eurogames" so oft der Fall ist, gerne vorgeworfen, dass es "thematisch nicht viel taugt". Das stimmt natürlich ein Stück weit, schließlich ist die ganze Verwaltung der Aktionssteine im wesentlichen eines: Abstrakt. Wer für jede Kleinigkeit eine thematisch passende Erklärung sucht, der wird sich über Macao herrlich aufregen können. So werden Waren, die man in Macao durch Besetzen eines Stadtbezirkes erhält, auf zaubersame Art und Weise direkt auf das eigene Handelsschiff "gebeamt", vollkommen egal, ob dieses schon längst in Hamburg vor Anker liegt. Sei's drum! Macao ist trotzdem thematisch stimmig, und wenn auch nur auf einer Meta-Ebene (klingt super, oder?). Denn weit im Voraus planen, Handelsreisen auf lange Sicht vorbereiten, das mussten auch schon die portugisischen Händler im 17. Jahrhundert. Und genau wie bei uns konnte auch deren noch so gute Planung durch eine Flaute (ob nun Wind oder Würfel) zunichte gemacht werden.

So, darüber könnt ihr euch nun den Kopf zerbrechen. Ich jedenfalls denke nun darüber nach, was ich nächsten Monat so spiele. Oder in zwei Monaten, oder in drei, oder in sechs... Macao hat sehr gute Chancen, wieder dabei zu sein!

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